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Zgoll | Detail

Zwei Perspektiven, ein Thema: Die Arbeitswelt im Wandel

Wissen

Innenarchitektin Monika Lepel im Dialog mit Michael Zgoll, Experte für Medientechnik

Sie spricht von „New Work“, beim ihm fällt gern der Begriff „Inspired Office“. Das Kernthema, das beide beschäftigt, ist jedoch das gleiche: Die Arbeitswelt im Wandel

Pandemiebedingt hat diese sich in den letzten zwei Jahren stark verändert. Wie beeinflusst das die Raumplanung und -gestaltung? Welche neuen technischen Möglichkeiten kommen zum Einsatz? Und: Was bleibt kurzfristiger Trend, was wird sich etablieren?

Gründerin und Innenarchitektin Monika Lepel von Lepel & Lepel und Michael Zgoll von der zgoll: GmbH haben sich im Rahmen des mehrfach ausgezeichneten Gewerbeloft-Projekt „Clouth 104“ kennengelernt und festgestellt: Die Begrifflichkeiten mögen sich unterscheiden, das Mind-Set dahinter haben aber beide gemeinsam.

Wenn Sie die Entwicklung Ihrer Branche in den letzten zwei Jahren in wenigen Worten beschreiben müssten – wie würden Sie das tun?

Alle, die sich mit Arbeitswelten befassen haben in den beiden Jahren verstanden, was zu tun ist und wollen loslegen. Dabei sind alte Vorbehalte gegenüber New Work immer noch unterschwellig präsent. Das fühlt sich an wie Vollgas mit angezogener Handbremse!

Aus der Notsituation Anfang 2020 heraus sind heute viele Arbeitsweisen Alltag geworden, die vorher für die meisten Arbeitnehmer noch undenkbar gewesen wären. Wenn man sich die typische Videokonferenz heute ansieht, sind in vielen Fällen die Mitarbeiter in ihren Homeoffices schon weiter und professioneller als die Unternehmen an ihren Standorten.

Was waren und sind derzeit noch die größten Herausforderungen dieses Wandels?

Das Thema Flächenmanagement ist natürlich eine riesige Herausforderung. Da werden ja durch Remote Work-Modelle Begehrlichkeiten geweckt und gleichzeitig funktioniert die Kalkulation nur bedingt. Maximal- und Minimalbelegung weichen noch mehr als zuvor voneinander ab. In solch einem Moment werden Meinungen laut, die oft auf der Lektüre von Management-Ratgebern basieren und leider wieder nicht auf der Betrachtung von Arbeitsweisen. Wir raten dazu, Hektik zu vermeiden und erst mal nach Bedarfen zu schauen. Das ist es was eine belastbare Grundlage für die nächsten und auch übernächsten Schritte gibt. Wir verhandeln keine Meinungen oder Moden.

Die Herausforderung der letzten zwei Jahre war ganz klar, einen technischen Rückstand oder zumindest ein starkes Verharren in der Stabilität ansatzlos zu wandeln. Und dabei die Mitarbeiter, die nun ja sogar alleine in ihrem Homeoffice entfernt sitzen, mitzunehmen.
Die Herausforderung wird nun sein, diese neuen Arbeitsmittel und Technologien in unsere Prozesse und Räume zu übertragen, zu professionalisieren und strategisch weiterzuentwickeln.
Die Mitarbeiter haben sich zuhause ihre Arbeitswelt in einer veränderten Weltlage geschaffen, treffen aber bei der Rückkehr ins Office auf Flächen und Strukturen, die meist noch in der Prä-Corona-Situation sind.

Worin sehen Sie für Ihren Bereich die größte, dauerhaft bleibende Veränderung?

Remote Work und die damit verbundene dezentrale Führung werden nicht mehr zurückgedreht. Dies wird zu sehr vielen Veränderungen in der Gesellschaft und damit auch in Architektur und Stadtplanung führen. Dabei spielen hybride Kommunikationsformen eine enorme Rolle. Das muss so einfach funktionieren wie eine Kaffeemaschine. Die Balance zwischen konzentrierter Einzelarbeit und hochkommunikativer Projektarbeit ist in der Architekturplanung eine besondere Herausforderung. Wir sind eigentlich immer im Projektraum. Da wollen wir noch genauer hinschauen wie die Verteilung für alle im Projekt gut kalibriert werden kann.

Hybrid Work ist und bleibt Realität. Dabei ist nicht entscheidend, ob wir 10% der Zeit im Homeoffice sind oder 90%. Entscheidend ist, dass wir die Freiheit und auch die nötigen Werkzeuge haben, um jeden Tag für uns und für die anstehende Aufgabe den richtigen Ort zu wählen. Das eröffnet ungeahnte Möglichkeiten in der Effizienz, Work-Life-Balance und auch in der ökologisch sinnvollen Nutzung von Ressourcen und Verkehrswegen.
Es wird völlig normal bleiben, dass Kollegen und Kolleginnen im Meeting per Video dabei sind und Schreibtische leer bleiben.
Arbeit ist kein Ort mehr, die richtige Auswahl des Ortes und der richtige Ort können aber unsere Arbeit positiv beeinflussen.

Welche zukünftigen Trends und Entwicklungen zeichnen sich vielleicht jetzt schon ab?

Die beiden echten Treiber, ins Büro zu gehen, sind sozial und produktiv. Nach den vielen Jahren, in denen Büros wie Wohnzimmer aussahen, werden sie jetzt wieder zu echten Werkstätten mit viel Potenzial, sich einzubringen und etwas im Team zu schaffen. Das muss klug unterstützt und sichtbar werden – und immer auch für dezentrale Teams.

Zusammenarbeit zwischen Menschen steht immer im Fokus. Und diese wird auch in Zukunft ortsungebunden sein. Das bedeutet vor allem die Nutzung von echten Collaboration-Tools, die auch den kreativen Austausch im Team über Standorte hinweg ermöglichen. Video an jedem Ort – nicht nur beschränkt auf den Besprechungsraum.
Auch in Townhalls, kreativen Ecken, Huddle Spaces, Arbeitsplätzen, und Flächen, in denen in der Vergangenheit die vielgerühmten „informellen“ Meetings stattgefunden haben.

Was ist der Kern dieser neuen Arbeitswelt?

Kommunikation, Selbstbestimmung, Vertrauen. Die Frage nach Verantwortung ist aus meiner Sicht noch nicht beantwortet.

Die Verbindung zwischen den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen – unabhängig vom Ort. Dabei sind die Orte und Technologien ein Hilfsmittel und im besten Fall ein Impuls an Inspiration, der das Treffen der Menschen fördert.

Foto Monika Lepel (c) Bettina Malik

Foto Bürolandschaft (c) HG Esch